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Aus
Treffpunkt 50/2003 vom 10.12.2003
Als krönenden Abschluss der Feierlichkeiten zum 125-jährigen
Bestehen der Freiwilligen Feuerwehr Untertürkheim hatten sich die
Verantwortlichen etwas ganz Besonderes ausgedacht.
Die kameradschaftlichen Beziehungen zur Werkfeuerwehr der Firma DaimlerChrysler
AG nutzend, konnte man am 21.11.2003 den Festakt im Mercedes-Benz Museum
zele- brieren, wo es selbst die ältesten Automobile nicht auf dieses
stolze Alter bringen. Gleichwohl
darf man dem Auto, und hier insbesondere dem Nutzfahrzeug, zuschreiben,
der Feuerwehr über viele Jahrzehnte wertvolle Hilfe bei der Brand-
bekämpfung und sonstigen Einsätzen geleistet zu haben.
Als man an einigen Oldtimern vorbei in den Veranstal- tungsbereich des
Museums defilierte, zählte der Veranstalter 243 überwiegend
uniformierte Gäste, die der Einladung zum Festakt gefolgt waren.
Hier wartete schon die Bluesband "Blue Valentines" mit
Kostproben aus ihrem Repertoire, als sich Abteilungskommandant Erich Zaiß
zum ersten Mal hinter das Rednerpult schwang.
Er war erfreut darüber, dass es sich selbst Stuttgarts Oberbürgermeister
Dr. Wolfgang Schuster nicht nehmen ließ, die Untertürkheimer
Feuerwehr mit seiner Anwesenheit zu beehren. Daneben begrüßte
er Bezirksbrandmeister Frieder Lieb, Landesfeuerwehrverbandspräsident
und Stuttgarts Feuerwehrchef Dr. Frank Knödler, den Stadtfeuerwehrverbandsvorsitzenden
Manfred Adis, Werksservice-Bereichsleiter Dr. Dieter Ammer von der DaimlerChrysler
AG, Bezirksvorsteher Klaus Eggert sowie die Vertreter verschiedener Organisationen
und Vereine und alle nicht persönlich Genannten.
In seinem kurzen Rückblick ging Erich Zaiß
unter anderem auf den auch heute noch gültigen Leitspruch der Feuerwehr
"Einer für alle, alle für einen - Gott zur Ehr, dem Nächsten
zur Wehr" ein, derweil im Hintergrund die zum 25-Jahr-Jubiläum gestiftete
Fahne des Jubilars prangte und laufend Dias aus einer bewegten Vergangenheit
gezeigt wurden. "In den letzten 125 Jahren gab es immer Menschen aus unserem
Stadtbezirk, die bereit waren, in ehrenamtlicher Tätigkeit für
andere da zu sein und in freiwilligem und unentgeltlichem Einsatz sogar
das eigene Leben zu riskieren", so der Abteilungskommandant. Er dankte
allen Kamerad(inn)en der Freiwilligen Feuerwehr Untertürkheim für
ihre Hilfsbereitschaft und ihren unermüdlichen Einsatz, vor allem
denjenigen, die sich seit 12 Jahren in der Jugendarbeit ehrenamtlich engagieren.
Sie leisteten einen sehr wichtigen Beitrag und stellten sicher, dass die
Wehr vermöge ihrer Nachwuchsarbeit immer eine kontinuierliche Stärke
aufweise. Nach der Auftaktveranstaltung mit der Ausstellung im März
und der Jubiläumshocketse im Juni mit Gästen aus nah und fern
bilde dieser Festakt den gesellschaftlichen Höhepunkt eines denkwürdigen
Jahres.
Oberbürgermeister
Dr. Wolfgang Schuster gratulierte der Freiwilligen Feuerwehr
Untertürkheim zum Jubiläum und übermittelte gleichzeitig
die Glückwünsche des Gemeinderates und der Stadtverwaltung.
Der Untertürkheimer Feuerwehr misst er eine große Bedeutung
und Dimension bei. Vor allem in den Anfangsjahren, als 98 Männer
in drei Zügen Dienst getan hatten, sei die Zeit alles andere als
einfach gewesen. Weil die von den bürgerlichen Kollegien bewilligte
Summe bei weitem nicht ausgereicht hatte, war es notwendig geworden, ein
Darlehen zur Anschaffung von Feuerlöschgerätschaften aufzunehmen.
Im Jahre 1900 hatte dann die erste Fabrikfeuerwehr ihre Arbeit aufgenommen,
wie ohnehin das Miteinander von Berufs-, Werks- und freiwilliger Feuerwehr
ein großes Plus bedeute. Noch im ersten Halbjahr 1959 mussten die
Feuerwehrleute in einem offenen Wagen Dienst tun, was einerseits für
Unverständnis sorgte, aber andererseits im Januar zu 15 Wolldecken
verhalf, ehe die Berufsfeuerwehr dann doch Ende Juni 1959 ein Vorkriegslöschgruppenfahrzeug
an die Untertürkheimer Feuerwehr abtreten konnte.
Heutzutage freilich rücke die Feuerwehr nicht nur zu Brandeinsätzen
(in 2002 lediglich 23-mal bei 99, meist jedoch Fehleinsätzen), sondern
auch zu Sicherheits-, Rettungs-, Katastrophenschutz-, Umweltschutz-, Tierschutz-
und technischen Hilfseinsätzen aus.
Geblieben seien die menschlichen Qualitäten, die eine guten Feuerwehrmann
ausmachten. Nicht geblieben sei die Feuerwehr als reine Männerdomäne,
gebe es unter den 42 Aktiven doch zwei Frauen und unter den zwölf
Jugendlichen vier Mädchen. Allein die Altersgruppe sei mit acht Mann
noch nicht gemischt. Da ein Stadtoberhaupt auch in Zeiten roter Zahlen
ein Jubiläum nicht gerne mit leeren Händen besucht, überreichte
Dr. Wolfgang Schuster dem Untertürkheimer Abteilungskommandanten
außer einer Urkunde auch einen (hoffentlich gedeckten) Scheck. Dem
Jubilar wünschte er Glück auf für die nächsten 25
Jahre.
 
Nach dem Dank an den Oberbürgermeister leitete Erich Zaiß zu
einer vergnüglichen Hommage an die Untertürkheimer Feuerwehr
durch Peter Jurewitz (Sprache und Gesang) und
Peter Launer (Klavier) über. Die gekonnte Darbietung belohnte
das Publikum mit Lachsalven und warmem Applaus.
Bezirksbrandmeister Frieder Lieb kam jedoch nicht wegen
dieser beiden Künstler nach Untertürkheim, sondern
nicht zuletzt, weil er dem Jubilar spezielle Grüße vom Stuttgarter
Regierungspräsidenten Dr. Udo Andriof und seinem Vize, Dr. Horst
Rapp, ausrichten sollte. Das Schicksal der Freiwilligen Feuerwehr, die
für 125 Jahre großer Verantwortung stehe, sei in gewisser Weise
auch das Schicksal des Ortes Untertürkheim. Die rund 40 000 Feuerwehrleute
im Regierungsbezirk Stuttgart retteten in ihren jährlich etwa 50
000 Einsätzen ungefähr 3 000 Personen aus bedrohlichen Gefahrenlagen.
Abgesehen von der traditionellen Brandbekämpfung lägen die größten
Herausforderungen momentan in der Terror- und Katastrophenbekämpfung
(siehe Überschwemmungen im Jahre 2002). Daher genössen die Feuerwehren
mit Recht ein großes Ansehen in der Bevölkerung.
Das Regierungspräsidium könne den Wehren zwar mit der Neubeschaffung
von Ausrüstungen helfen, doch zwinge die chronische Geldnot immer
mehr zur Nutzung der Fahrzeuge und Geräte durch mehrere Wehren. Dem
Glückwunsch an die Freiwillige Feuerwehr Untertürkheim zu ihrem
stolzen Jubiläum folgte unter herzlichem Beifall die Ankündigung,
dass trotz der finanziellen Misere für die Stadt Stuttgart zwei weitere
Löschfahrzeuge bewilligt werden konnten.
Erich Zaiß dankte Frieder Lieb für das kurzfristige Einspringen
für den eigentlich auserkorenen, aber erkrankten Redner, und leitete
zum nächsten Redner über, dessen Karriere bei der Freiwilligen
Feuerwehr S-Münster begonnen hatte.
Dr.
Frank Knödler heißt dieser Mann und ist nicht nur
Präsident des Landesfeuer- wehrverbandes, sondern gleichzeitig auch
Leiter der Stuttgarter Feuerwehr. Er konkretisierte Frieder
Liebs Aussage zu den zwei Löschfahrzeugen dahingehend, dass diese
in die Nachbarschaft Untertürkheims kämen, nämlich in seinen
dörflich geprägten Stadtteil Rotenberg.
Er ist der festen Überzeugung, dass sämtliche gut 170 000 baden-württembergischen
Feuerwehrkräfte (vom Kind bis zum Greis, von der freiwilligen Feuerwehrfrau
bis zum Werksfeuerwehrmann) dem Jubilar alles Gute wünschen.
In der Historie der Freiwilligen Feuerwehr Untertürkheim fiel ihm
auf, dass darin ausgerechnet der 09.11., der Tag des Mauerfalls in Berlin
vor gut 14 Jahren, eine besondere Rolle gespielt hatte. Denn schon im
Jahre 1877 war es gewesen, als just an diesem Tag bereits der erste Kommandant
gewählt worden war, also noch vor dem offiziellen Gründungsjahr.
Während dieser 125 Jahre hätten sich die Bedingungen der Feuerwehrleute
erheblich verbessert, zuletzt sogar der Schutz hinsichtlich der Atemgifte
oder der Wärmestrahlung. Die Berufsfeuerwehr sei zum Beispiel auch
mit Wärmebildkameras ausgerüstet. Was jetzt noch fehle, sei
eine Verbesserung der Sicht bei starkem Rauch. (Wäre das nicht ein
Anreiz für die Tüftler im Erfinderland Nummer eins?)
Dr. Frank Knödler lobte ausdrücklich das gute Verhältnis
zwischen der DaimlerChrysler-Werkfeuerwehr und der Freiwilligen Feuerwehr
Untertürkheim. Als großes Zukunftsproblem betrachtet er es,
Ehrenamtliche für den Feuerwehreinsatz zu gewinnen, möglichst
bereits in der Jugend. Als Anreiz könne die Lust auf Technik dienen.
Dem Stadtfeuerwehrverbandsvorsitzenden Manfred Adis war
es vorbehalten, Erich Zaiß ein Geschenk zu überreichen.
Die
Reihe der Redner sollte Dr. Dieter Ammer vom Hausherrn
DaimlerChrysler AG beschließen. Der Freiwilligen Feuerwehr Untertürkheim
entbot er die Grüße des Weltkonzerns, namentlich des Werkleiters,
Herrn Stauch, und der über 20 700 Mitarbeiter. Er selbst, seines
Zeichens Bereichsleiter für den Werksservice, konnte unter den Gästen
auch den Werkssicherheitsleiter Jörg Ruoff sowie den Werksfeuerwehrleiter
Dirk Jacobs begrüßen. Für diese Feier böte das Mercedes-Benz-Museum
einen würdigen Rahmen.
Es sei heutzutage nicht selbstverständlich, dass sich Leute ehrenamtlich
in den Dienst der Gemeinde stellen, und Feuerwehrleute seien dazu noch
rund um die Uhr einsatzbereit. Dies bedeute oft große Entbehrungen
für die Familienmitglieder. In Wirtschaftsunternehmen bringe es für
die übrigen Kolleg(inn)en eine Arbeitsmehrbelastung mit sich, wenn
sich ein Kollege gerade im Feuerwehreinsatz befinde.
"Im Jahre 2004 feiern auch wir von der DaimlerChrysler-Werkfeuerwehr
ein Jubiläum, nämlich das 100-jährige Bestehen.
Die Freiwillige Feuerwehr Untertürkheim hatte bisher relativ wenige
Einsätze innerhalb des Werksgeländes. Zum ersten Mal geschah
dies am 05.09.1944, dann (zusammen mit der Berufsfeuerwehr) 1956, erst
wieder 1995 und das bisher letzte Mal am 17.12.2002 wegen eines Brands
in der PKW-Instandsetzung", so Dr. Dieter Ammer. Dennoch kenne man sich
durch zahlreiche gemeinsame Übungen bestens. Man schätze die
freundliche Nachbarschaft und die vor allem in den letzten zehn Jahren
intensive Zusammenarbeit, was sich auch durch Spenden des Werks zur Beschaffung
eines Rettungsbootes oder von Zusatzausrüstung (1991 beziehungsweise
1999) offenbare. Den Einsatzkräften wünscht er stets eine glückliche
Hand und die bestmögliche Gesundheit. Erich Zaiß überreichte
er anschließend ein Buchgeschenk (Tradition der DaimlerChrysler-Werksfeuerwehren).
Ehe
Erich Zaiß mit seinem Schlusswort erneut hinter das Rednerpult treten
sollte, heizten die "Blue Valentines" noch einmal kräftig die Stimmung
an. Mit dem Dank an die DaimlerChrysler AG für ihre Unterstützung
und an die Sparkassen-Versicherung für eine Spende schloss der Abteilungskommandant
den offiziellen Teil des Festaktes ab, jedoch nicht ohne seinem 2. Stellvertreter,
Tino Scholl, ganz herzlich zur gelungenen Organisation dieser Feier zu
danken. Die Klänge der "Blue Valentines" in den Ohren, richtete sich
nach fast 90 Minuten an Redebeiträgen das Interesse nun mehr gen
kalt-warmes Buffet, das an verschiedenen Inseln aufgebaut war und außer
schwäbischen Traditionsgerichten auch noch Salat und leckere Kuchen
enthielt. Viele dienstbare Geister verwöhnten die Gäste darüber
hinaus mit verschiedenen Getränken und so nimmt es nicht wunder,
dass sich die letzten Gäste erst weit nach Mitternacht auf den Heimweg
machten. Es war von niemandem zu vernehmen, keinen gelungenen Abend erlebt
zu haben, wozu sicherlich auch der passende Rahmen des Mercedes-Benz Museums
beigetragen haben dürfte.
Viele Grüße!
Roland Paule
Fotos: Holger Kamm - Freiw.
Feuerwehr Stuttgart - Abt. Untertürkheim
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