Untertürkheim: Ausstellung zum Anlass der Ernennung des letzten Ortsvorstehers Eduard Fiechtner zum Ehrenbürger vor 100 Jahren
(ale) - Vor genau 100 Jahren wurde der letzte Untertürkheimer Ortsvorsteher Eduard Fiechtner zum Ehrenbürger ernannt. Anlass für den Bürgerverein in einer Ausstellung in der Stadtteilbücherei an den Schultheiß zu erinnern. „Er hat den Wengertort in das Industriezeitalter geführt", weiß der 1. Vorsitzende Eberhard Hahn. „Ohne Fiechtner wäre der Daimler heute nicht hier."
Viele historische Fotos und etliche Anekdoten hat Hahn mit seinen Kollegen vom Bürgerverein in der Ausstellung zusammen getragen. Schließlich gelte es einen wichtigen Menschen in der Entwicklung Untertürkheims zu ehren. „Er war der richtige Mann an der richtigen Stelle zur richtigen Zeit", resümiert Hahn. Geboren am 5. März 1843 als Sohn eines Försters in Hürbel im Oberamt Biberach, wuchs Fiechtner in Oberschwaben auf. Er erlernte den Verwaltungsdienst bei mehreren Ortsvorstehern, war aber auch zwei Jahre in der Industrie tätig, bevor er 1879 den Dienst als Schultheiß in Untertürkheim antrat. Am 1. Oktober 1904 wurde Fiechtner anlässlich seines 25-jährigen Dienstjubiläums zum Ehrenbürger Untertürkheims ernannt. Der letzte Untertürkheimer Ortsvorsteher vor der Eingemeindung nach Stuttgart am 1. April 1905 stellte an der Schwelle zur Industrialisierung die nötigen Voraussetzungen für das heutige friedliche Nebeneinander
von Tradition und Fortschritt.

Die heutigen Nachfolger Eduard Fiechtners präsentieren die künstlerisch gestaltete Urkunde zur Ehrenbürgerschaft von 1904: Bezirksvorsteher Klaus Eggert (links) und der Vorsitzende des Bürgervereins Eberhard Hahn. Foto: Müller
Während seiner 26-jährigen Amtsperiode wurde 1892 die Wilhelmsschule und 1903 die zu seiner Zeit modernste Weinkelter Europas, die heutige Weinmanufaktur. Über sein Amt hinaus war er der Gemeinde bis zu seinem Tod 1922 eng verbunden. Er war 1. Vorsitzender der Weingärtnergenossenschaft und des Bürgervereins. Doch galt sein Augenmerk neben der Bildung und der Tradition auch dem Fortschritt.
„Fiechtner war ein weitsichtiger Mensch", so Hahn. So zeichnete er für die Wasser- und Gasversorgung verantwortlich, baute das Straßennetz aus und errichtete 1900 das erste gemeindeeigene Elektrizitätswerk Württembergs. Voraussetzungen, um Gottlieb Daimler und Wilhelm Maybach letztendlich zu bewegen, das neue Automobilwerk in Untertürkheimer zu bauen, obwohl Daimler schon ein Grundstück in seinem Heimatort Schorndorf gekauft hatte. „Fiechtners persönlichem Einsatz ist es zu verdanken, dass der Stern heute in Untertürkheim erstrahlt", ist Hahn überzeugt. In der Ausstellung werden aber auch die Verdienste seiner vier Nachfolger als Bezirksvorsteher gewürdigt. Ein Rückblick auf 100 Jahre Untertürkheimer Geschichte.
• Die Ausstellung Schultheiß Fiechtner ist noch bis zum 15. Oktober 2004 in der Stadtteilbücherei, Strümpfelbacher Str. 38, in Untertürkheim zu sehen.